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Teil 1: Wie alles begann

altes Schulhaus.JPG

Foto: Walter Häberle, 1990 Kirche, altes Schulhaus, heute Verwaltungsstelle, rechts Schusterhäuschen

​Das alte Schulhaus wurde zu eng
 

Schon bevor ich gebaut wurde, gingen die Kinder aus Kocherstetten, Schloss Stetten, Vogelsberg, Mäusdorf und Kügelhof alle in Kocherstetten zur Schule. Das Schulhaus befand sich direkt neben der Kirche. Doch für die vielen Kinder war längst nicht mehr genug Platz. Ein Neubau musste her!

 

     ==> So viele Schulkinder in Kocherstetten, warum denn das?

 

1. Kocherstetten und die umliegenden Ortschaften waren um 1890 zwar sehr viel kleiner als heute,
im Jahr 2020. Es gab weniger Familien, weniger Wohnhäuser und weniger Straßen.

Diese Federzeichnung von Georg Friedrich Messer zeigt Kocherstetten und Schloss Stetten um 1815, lange vor dem Neubau der Schule

Federzeichnung Kocherstetten.jpg

(Abbildung mit freundlicher Genehmigung des Stettenschen Archives, Schloss Stetten)

Luftaufnahmen_kocherstetten.jpg

oben: Ausschnitt aus einer Landkarte von 1882
Die Häuser standen fast nur links und rechts vom Erlesbach

gegenüber der Zeichnung von 1815 hat sich kaum etwas geändert

                                                       
 unten: Kocherstetten um 1990

Das Dorf hat sich fast in alle Richtungen ausgedehnt.

In den 30 Jahren danach ist Kocherstetten noch weiter gewachsen.

2. Aber eine Familie hatte damals im Durchschnitt zwischen vier und fünf Kinder, und in einem Haus lebten mehrere Familien auf engem Raum.

Hier ein kostbares Familienbild von 1895:

Familie 1985.jpg

Darf ich vorstellen: Familie Georg Jag,  Mäusdorf
Die Eltern und ihre 6 Kinder haben den Umzug vom alten ins neue Schulhaus erlebt!

(Foto mit freundlicher Genehmigung von Heiner Werner, aus: Festschrift 700 Jahre Mäusdorf)

Zehn Jahre später, im Jahre 1905, wurde dieses Familienfoto aufgenommen:

Familie 1905.jpg

Diese Aufnahme etwa aus dem Jahre 1905 zeigt das Ehepaar Christian Heinrich Grund (1869 - 1938) und seine zweite Ehefrau Marie geb. Schurg (1869 - 1933) mit dem späteren „Molker“ Hans Grund (1904 -1983) auf dem Schoß. Vor dem Vater steht Karl Grund (1901 -1918), rechts vom Vater Friedrich Grund (1900 -1966). In der hinteren Reihe von rechts Leonhard Grund (1898-1917, gefallen in Flandern), Heinrich Grund (1892-1948) sowie die Tanten Rosine Gruber und Marie Schüttler. Die junge Frau ganz links ist unbekannt.


(Foto und Kommentar mit freundlicher Genehmigung von Heiner Werner, aus: Nachtrag zur Festschrift 700 Jahre Mäusdorf)

3. Die Schule war damals eine Volksschule und bestand aus den Klassen 1 bis 7 . Dadurch waren es im Vergleich zu heute 3 Klassen mehr. Wenn man pro Klasse mit 20 Schülern rechnet, sind dies also rund 60 Schüler mehr.

Klassenfoto 1921.jpg

Aufnahme von 1921, Fotograf Heinle, Kocherstetten
 Oberklasse mit ca. 80 Schülern und Lehrer Egner, links
Unterklasse mit ca. 60 Schülern und Lehrer Kressle, rechts

Auch im Jahre 1890 gingen schon so viele Schüler nach Kocherstetten in die Schule!
Leider gibt es aus der Zeit keine Aufnahme von den Schülern, aber im Künzelsauer Heimatbuch II ist Kocherstetten um 1900 abgebildet – und an der linken Seite bin ich als sehr junges Schulhaus gut zu erkennen:

Kocherstetten_Luftaufnahme.jpg

Quelle: Künzelsauer Heimatbuch II, Archivar J.H.Rauser

Bestimmt erkennst du nicht nur das Schulhaus, sondern auch Kirche, Pfarrhaus, den Erlesbach und vieles mehr!

Forscherfragen:

Wann wurde das Fotografieren erfunden?
Wer konnte es sich leisten, sich und seine Familie fotografieren zu lassen?  

       
***   Ein Spaziergang mit fremden Augen   ***

Mein Tipp für dich:
Mache mit deiner Familie oder mit Freunden einen Spaziergang durch Kocherstetten und schaue dir alles mit 'fremden Augen' an.

Was heißt das? Stelle dir vor, du wärst noch nie in Kocherstetten gewesen und würdest alles zum ersten Mal sehen.

Welche Gebäude oder Häuser fallen dir besonders auf?
Erzählen sie dir auch etwas von früher?

Was meinst du, welche Gebäude es schon vor mehr als 100 Jahren gab?

Woran kannst du erkennen, dass das Pfarrhaus und ich, also das Schulhaus, vom gleichen Architekten geplant wurden?

altes Bild Kelter.jpg

Dieses Gebäude mit dem mächtigen Dach und den großen Toren stand schon lange, bevor ich gebaut wurde. Heute sieht es sehr viel anders aus – und auch die Umgebung hat sich verändert!

Erkennst du es?

 

Suche das Jahr, in dem dieses Gebäude erbaut wurde.
Die Jahreszahl befindet sich an der Giebelseite zur Straße hin.

Hier siehst du einige Fotos von einem Rundgang durch Kocherstetten im Juni 2020:

Findest du die Stellen, an denen die Fotos aufgenommen wurden?
Welches der Fotos hätte vor Mai 2020 so nicht ausgesehen?

2. Planung und Neubau:

Architekt August Ganzenmüller

Architekt_Gnazenmüller.jpg

Abbildung aus d'Schuel, 100 Jahre Schulhaus Kocherstetten

Bearbeitet von Angelika Di Girolamo und Stefan Kraut

August Ganzenmüller hieß der Architekt, der 1890 mit 43 Jahren die Pläne für meinen Bau zeichnete. Er wurde 1857 in Weinsberg geboren. Sein Vater war kein Müller, wie der Name vermuten lässt, sondern Steinhauermeister.

 

August zog als junger Mann nach Stuttgart, studierte dort Architektur und schloss schon mit 26 Jahren sein Studium erfolgreich ab. Bald darauf bewarb er sich in Künzelsau und erhielt 1877 das Amt als Oberamtsbaumeister und Oberamtsfeuerschauer.

       
Es wird ihm gut gefallen haben in Künzelsau, denn er blieb bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1907 in diesem Amt. Er baute ein stattliches Haus in Künzelsau für sich und seine Familie, das du auch heute noch besichtigen kannst!


Außer mir wurden noch viele weitere Gebäude nach seinen Plänen gebaut:
in Kocherstetten das Pfarrhaus, in Künzelsau zum Beispiel die jüdische Synagoge, das alte Krankenhaus, den großen Saal des Gasthofes Rappen und einige private Wohnhäuser.
Mehr dazu kannst du hier erfahren

 

Architekt Ganzenmüller erhielt im Jahre 1890 den Auftrag von der Gemeinde Kocherstetten, die Pläne für meinen Neubau zu zeichnen. Im März dieses Jahres fertigte er die Pläne an, die du hier sehen kannst:
 

Frontansicht Schulhaus.jpg

Vorderseite zur Straße hin.

Seitenansicht Schulhaus.jpg

Hier siehst du die Seite, die in Richtung Süden zur Haller Straße zeigt,
und daneben, die Seite, die zum Kindergarten zeigt

grundriss altes Schulhaus.jpg

Genaue Planzeichnung für den Innenausbau mit zwei Schulsälen im Erdgeschoss, angefertigt mit Bleistift und Lineal

Das linke Klassenzimmer ist mit Schulbänken für 78 Schüler vorgesehen, das rechte Klassenzimmer soll Platz für 70 Schüler bieten!

Diese und weitere Zeichnungen sind im Archiv der Stadt Künzelsau sicher aufbewahrt.

Im oberen Stockwerk war die Lehrerwohnung geplant, einige kleine Räume wurden im Dachgeschoss eingeplant.

 

Hinter dem Schulhaus sollte ein Garten für den Lehrer entstehen, und etwa 13 Meter vom Schulhaus entfernt waren die Abtritte vorgesehen (heute nennt man diese Toiletten).

Meine feierliche Einweihung am 13. August 1893

Endlich war es soweit! Bei strahlendem Sonnenschein feierte man am Sonntag, den 13.08.1893 in Kocherstetten meine Einweihung. Alles war festlich geschmückt, und mit feierlichen Worten wurde das lang ersehnte Ereignis ausführlich gewürdigt, … aber lies doch selbst, was an diesem Freudentag alles geboten wurde!

Zeitungsartikel_15.08.1893.jpg

Wahrscheinlich fällt es dir nicht ganz leicht, den Zeitungsartikel in der Originalfassung zu entziffern. Deshalb habe ich dir Auszüge aus dem Zeitungsbericht von Dienstag, den 15. August 1893 mit dem PC aufgeschrieben:

 

Kocherstetten. Begünstigt vom herrlichsten Sonnenschein fand am Sonntag die Einweihung des neuen Schulhauses in Kocherstetten statt. Der Ort war festlich beflaggt und durch Blumen, Laub und Tannenreiser schön geschmückt. Vom alten Schulhaus nahmen Lehrer und Schuljugend pietätvoll Abschied. …
Hierauf bewegte sich ein großer Festzug, zwei Vorreiter an der Spitze, durch die Hauptstraßen des Ortes vor das neue Schulhaus. Dort angekommen hielt der Ortsgeistliche …. eine herzliche Ansprache, in welcher er auch der Schulgemeinde für ihre Opferwilligkeit innig dankte. Nun übergab der Bauleitende, Herr Oberamtsbaumeister Ganzenmüller, mit sehr gediegenen Worten den Schlüssel des Hauses dem Ortsvorstand, der solchen mit passenden Worten dem 1. Lehrer einhändigte, worauf letzterer, wiederum unter passenden Worten, die Thüre öffnete und mit der Schuljugend, die zahlreiche Festversammlung im Gefolge, die beiden prachtvollen Lehrsäle in Besitz nahm. Hier hielt der Bezirksschulinspector, Herr Dekan Lenckner eine weihevolle, längere Ansprache und den Schluss des offiziellen Actes bildete der Vortrag eines Gedichtes durch das Töchterchen des Herrn Barons Alexander von Stetten.

Auf dem schön decorierten, am neuen Schulhause gelegenen Festplatz entwickelte sich alsbald ein lebhaftes Treiben. Die Schuljugend wurde gespeist; es begannen die Spiele der Kinder, und folgte die Verteilung der Preise. Der Liederkranz Kocherstetten trug unter der bewährten Leitung des Herrn Schullehrers Wagner verschiedene ausgewählte Lieder vor; ein Karussell übte seine Anziehungskraft auf Alt und Jung und der von Herrn Bierbrauer Freund in Künzelsau gelieferte ausgezeichnete Stoff trug wesentlich das Seine zur richtigen Festesstimmung bei.

Herr Oberamtspfleger Reuß hielt eine vortreffliche Rede, ……. (er lobte) den Herrn Schultheißen Heffner, der nach nahezu 38jähriger gewissenhafter und gesegneter Amtsführung im Begriffe steht, von seinem Amte zu scheiden, um den Abend seines Lebens in Ruhe und Frieden zu genießen, sodann … die beiden Lehrer endlich … die Freunde und Gönner, welche durch Spenden die Abhaltung des Festes gefördert haben, an deren Spitze die anwesende gnädige Herrschaft von Schloß Stetten, … brausender Wiederhall (Beifall?) folgte.

Der Herr Redner versäumte nicht, auch allen denjenigen Personen, welche am Schulhausbau beschäftigt waren, voran dem Herrn Oberamtsbaumeister Ganzenmüller, Anerkennung für die Herstellung des prächtigen Gebäudes durch einen Toast öffentlich auszusprechen und endlich in einem weiteren Toaste der bei dem Feste anwesenden Damen zu gedenken.

Das ganze Fest nahm einen herrlichen Verlauf. Jedermann wird gewiß befriedigt sein, sintemal auch die tanzlustige Jugend bei den Klängen der nur durch die Energie des Herrn Schulgemeinderats Körber unter besonders schwierigen Verhältnissen herbeigeschafften trefflichen Forchtenberger Stadtkapelle ihr Vergnügen fand.


!!! Vorsicht!!! Der Artikel ist in der Rechtschreibung erfasst, die vor 130 Jahren galt!!!

Und wie sah ich als neues Schulhaus nun aus?
Hier siehst du die älteste Nahaufnahme, die ich noch von mir habe:

ältes_Bild_1909_Konfirmanten.jpg

Dieses Bild wurde 1909 aufgenommen und zeigt die Konfirmanden des Jahrganges 1896

Unterklasse 1921.jpg

Auf diesem Foto von 1921 siehst du die Kinder der ’Unterklasse‘ mit ihrem Lehrer Gräßle,
 vor meiner Rückseite, und doch nicht auf dem Schulhof (!!!) versammelt

Und wie sah es in der neuen Schule innen aus?

Die Einrichtung der Schule in Kocherstetten war der des alten Schulhauses von Satteldorf sehr ähnlich. Dieses wurde komplett ins Hohenloher Freilandmuseum in Schwäbisch Hall - Wackershofen verlegt und steht dort gegenüber vom Museumsgasthof Roter Ochsen.

Die folgenden Fotos wurden mir von Erwin Weigend, Heimatreporter bei www.meine.stimme.de , freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen zum Schulhaus in Wackershofen erhaltet ihr hier: https://www.wackershofen.de/audioguide/ , wenn ihr die Nummern 38-40 des Audioguides auswählt.

Wie war Schule damals für die Kinder?

Heinrich Bader, Geburtsjahr: 1898
Einschulungsjahr: 1905,

Schulzeit: 1905 - 1912 1. bis 8. Klasse
Wohnort: Kocherstetten

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