Teil 3: Nachkriegszeit und Wiederaufbau
Mit freundlicher Genehmigung des Kreisarchives,Abbildung Ko-45.1.42
Schwere Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg: Die Hoover-Schulspeisung
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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der Vater vielfach vermisst, in Gefangenschaft oder gar gefallen. Teilweise mussten die Kinder neben der Schule den Müttern helfen, das knappe Brot zu verdienen, eine schwere Zeit. Um hier die schlimmsten Ernährungsmängel zu lindern, hatten die US-Amerikaner unter anderem die sogenannte Hoover-Speisung ins Leben gerufen, an die Zeitzeuge Wolfgang von Stetten sich noch gut erinnern kann.
(frei zitiert nach Stefan Kraut, aus der Festschrift von 1993)
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Ein Schreiben der Lehrerin Gotlinde Gerstner aus dem Jahr 1947 zeigt, unter welch einfachen und vom Mangel gekennzeichneten Bedingungen diese Schulspeisung in Kocherstetten durchgeführt werden musste… und wir treffen eine weitere Zeitzeugin wieder, hier als Köchin erwähnt: Marie Schlipf!
Übersetzung:
Volksschule Kocherstetten Kocherstetten, 15.10.47
BT 18.
An das Bezirksschulamt Öhringen in Künzelsau
Betr. Hooverspeisung
Bez.: Rundschr. 17/47
1. Es kocht: Frau Marie Schlipf (Backnudeln bäckt Bäckerei Haas)
2. Kochraum: Waschküche im Schulhaus (z.Zt. nicht mehr zum Waschen benützt. Es wird im Waschkessel gekocht.
3. Zeitpunkt und Ort der Speisung: Große Pause (9.45 – 10.00 Uhr)
Essen im Klassenzimmer
4. Lehrer-Aufsicht: keine direkte Beaufsichtigung, jedoch greift der Lehrer der Pausenaufsicht führt beziehungsweise der Schulleiter gegebenenfalls ein. Unregelmäßigkeiten beim Kochen, Ausgabe oder Essen würden sofort auffallen, da die Speisung sich hier ja in sehr kleinem Rahmen vollzieht.
Übersetzung:
5. Kassieren und Abrechnen: Klassenlehrer à Schulleiter à Bürgermeisteramt
6. a) Es fehlt an nötigem Geschirr. Wenn nicht bald ein neuer Waschkessel zugeteilt wird, kann hier das Kochen nicht mehr durchgeführt werden. Ebenso ist die Waage, die Schöpfkelle, Eimer und eine größere Schüssel nur kurzfristig von Privatpersonen geliehen worden. Ein Bezugsschein für eine große Schüssel ist vorhanden. Jedoch liefern die Geschäfte in Künzelsau keine Schüssel in der nötigen Größe, obwohl wie nach Gerüchten zu vermuten ist, große Schüsseln vorrätig sind.
b) Aufgrund des Standardgewichts fallen Kinder unter die zu Speisenden, die es nicht so dringend nötig zu haben scheinen, während umgekehrt körperlich schwache und schlecht ernährte Kinder durch die geringe Größe ausscheiden.
Unterschrieben : Gerstner
[Lehrerin Gotlinde Gerstner, 1947-49 an der Volksschule Kocherstetten tätig]
Es bleibt zu hoffen, dass die Eingabe von Lehrerin Gerstner zum Erfolg geführt und das Problem mit der Benachteiligung von kleinen Kindern gelöst werden konnte!
Konfirmation 1958, mit Pfarrer Fiebig
Auf dem gefrorenen Kocher mit Lehrer Willi Braun, vermutlich im Jahr 1956
Bei der Heuernte mussten alle mithelfen (Foto aus dem Album von Else Jakesch, Kocherstetten)